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Album der Woche – Kevin Puts The Hours

In einem gerade mal zwei Jahre alten Bühnenwerk begeistern zwei berühmte Opernsängerinnen an der New Yorker Met. Renée Fleming und Joyce DiDonato sind nach wie vor toll bei Stimme und machen "The Hours / Die Stunden" von Kevin Puts zum Groß-Event.

CD-Cover: Kevin Puts: "The Hours" | Bildquelle: Erato

Bildquelle: Erato

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In der Adventszeit des Jahres 2022 hat die Pandemie auch in New York Irritationen zur Folge. Die Menschen haben Angst, sich in der Öffentlichkeit zu bewegen. Die fast 4000 Plätze der für ein Opernhaus riesigen Metropolitan Opera lassen sich vielfach nur zu ungefähr zwei Drittel verkaufen. Da kommt der überraschende Publikumserfolg einer Uraufführung wie gerufen: Liegt es an der Geschichte, die in "The Hours" erzählt wird? Weil viele Menschen sie kennen, egal ob durch den gleichnamigen Roman von Michael Cunningham oder die Verfilmung von Stephen Daldry? Oder liegt der Triumph einfach am Cast, an den Stars, die als Kassenmagneten für die Met fungieren?

Spitzenbesetzung mit Renée Fleming und Joyce DiDonato

Renée Fleming ist nur einer von zwei Namen, denen die Herzen von Opernfans im New Yorker Lincoln Center seit Jahren zufliegen. Der andere Name gehört einer Sängerin, die sich ebenfalls schon lange künstlerische Verdienste erworben hat, eine Etage tiefer, was die Stimmlage betrifft. An der Seite der Sopranistin Renée Fleming aus Pennsylvania agiert die Mezzosopranistin Joyce DiDonato aus Kansas.

Zu Joyce DiDonato und Renée Fleming kommt hier noch die in Opernkreisen unbekannte Sopranistin Kelli O’Hara hinzu, ein klassisch ausgebildeter Musical-Star vom Broadway. Die drei zentralen Frauengestalten des Stücks führen ein Leben am Limit. Sie gehören verschiedenen Generationen an, und die drei Zeitebenen werden parallel montiert, simultan überblendet. Da erfindet Virginia Woolf 1923 "Mrs. Dalloway", eine depressive Romanfigur, von der zu Beginn der 50er-Jahre Laura Brown in ihrem Daseinsgefühl beeinflusst wird. Noch einmal fünf Dekaden später scheint die literarische Gestalt von Mrs. Dalloway Realität geworden zu sein: Da lernen wir die Lektorin Clarissa Vaughan kennen, die den inzwischen sterbenskranken Sohn von Laura Brown pflegt.

Musikalische Verneigung vor Strauss' "Rosenkavalier"

Doppelt epigonal und doch unwiderstehlich ist das vor Wohlklang überfließende Frauen-Terzett am Ende der Oper – eine Verneigung vor dem "Rosenkavalier" von Richard Strauss, wie sie sich ganz ähnlich Samuel Barber in "Vanessa" erlaubt hat. Die Musik von Kevin Puts erinnert mal an Philip Glass, mal an Benjamin Britten. Und es ist sicher keine Einbildung, wenn auch Genies, die keineswegs aus englischsprachigen Kulturräumen kommen, als Impulsgeber vorbeischauen: Igor Strawinsky, Leos Janáček, Gabriel Fauré. Die MET zelebriert Musiktheater, das von genau kalkulierter Expressivität im Orchester getragen ist – und von fulminanten Gesangs-Facetten. Der Erfolg dieser Produktion lässt sich mühelos nachvollziehen.

Infos zur CD

Kevin Puts, The Hours

Mit Joyce DiDonato (Virginia Woolf, Mezzosopran), Renée Fleming (Clarissa Vaughan, Sopran), Kelli O’Hara (Laura Brown, Sopran), William Burden (Louis, Tenor), Sean Panikkar (Leonard Woolf, Tenor), Kyle Ketelsen (Richard, Bassbariton), Brandon Cedel (Dan Brown, Bassbariton)

Metropolitan Opera Chorus
Metropolitan Opera Orchestra
Leitung: Yannick Nézet-Séguin

Label: Erato

Sendung: "Piazza" am 4. Mai 2024 ab 8:05 Uhr auf BR-KLASSIK

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